Im Jahr 1931, den Feuerschein neuer Kriege vorausahnend, wiederholt Nikolaj Roerich das Bild aus dem Jahr 1914, das diesmal in seinem rechten oberen Winkel das Banner des Friedens darstellt. Nein, die apokalyptischen Zeiten sind nicht in die Vergangenheit entschwunden, so erinnert Roerich und ruft dazu auf, die Heilige Wacht zu verstärken. Aus diesem Grunde steht der edle Ritter auf dieser Wacht. Und über „der gewittrigen, verirrten Welt“ flattert die rettende Fahne mit den darauf geschriebenen Wörtern „KULTUR und FRIEDEN“.
„Im März 1914 begann ich mit dem Bild ‚Der Feuerschein‘„, schrieb Nikolaj Roerich im Jahr 1935, „Vor dem Hintergrund eines belgischen Schlosses neben dem Standbild des belgischen Löwen steht ein Ritter in voller Rüstung und hält Wache. Der ganze Himmel war schon mit blutigem Feuerschein bedeckt. Aus den Türmen und Fenstern des alten Schlosses züngelten schon feurige Hieroglyphen. Aber der edle Ritter bleibt schlaflos in seiner festen Wacht ohne Ablösung. Nach vier Monate wussten bereits alle, dass dieser edle Ritter selbstverständlich König Albert selbst war, der die Würde des belgischen Löwen bewachte“. (N. Roerich „Blätter des Tagebuches“. Bd. 1. S. 487)
Roerich meinte hier die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges, als Deutschland vom neutralen Belgien ultimativ gefordert hatte, seinen Truppen den Marsch durch belgisches Gebiet bis zur französischen Grenze zu gewähren. Nach der Erteilung einer Absage hierzu fiel Deutschland am 4. August 1914 Deutschland in Belgien ein und griff die Grenzfestung Lüttich (Liège) an. Die belgische Armee unter Führung von König Albert leistete erbitterten Widerstand, musste aber vor dem stärkeren Feind zurückweichen. Bald darauf war fast das ganze Territorium Belgiens von deutschen Truppen besetzt.
Jahre sind gegangen. Mühsame Zeiten sind vorbei. Anfang der dreißiger Jahre wurde Belgien zu einem der ersten Länder der Welt, in dem die Ideen des Roerich-Paktes unterstützt wurden. Ein großer Verdienst hierbei gebührt dem aufgeklärten Herrscher Belgiens, König Albert, so glaubte Nikolaj Roerich. In einem Essay zu seinem Gedenken schrieb Roerich: „Der Name von König Albert, sein schöpferisches Handeln zum Wohl seines Landes, sein militärischer Heroismus, seine umfassenden Ansichten und sein tiefes Wohlwollen waren für mich stets kostbar. Wahrhaftig ist es in unseren unsicheren Zeiten erfreulich, vor sich eine solch klare Heldengestalt zu haben – einen Ritter ohne Furcht und Tadel, der hervorragend sein ganzes Leben unermüdlich dem Wohlergehen seines Volkes verschrieb“. (N. Roerich „Blätter des Tagebuches“. Bd. 1. S. 486)