Prokopius der Gerechte betet für unbekannte Seefahrer (1914)

In der Kunst von Nikolaj Roerich sind viele Gemälde der Darstellung von Asketen, Lehrern der Menschheit und Heiligen gewidmet. Sie sind jedoch, sogar im Zustand der Meditation, nicht als weltfremde Betrachter oder ruhige Denker dargestellt, vielmehr spürt man in ihnen innere Energie, ein Brennen, das Streben des Lichtes, die ihre Gedanken und ihre Gefühle auf die Menschheit ausstrahlen. Sie alle sind große Persönlichkeiten, die sich aufopfern und unbekannten Leidenden und Suchenden selbstlos zu Hilfe eilen. Einer von ihnen ist Prokopius der Gerechte, der seine Heimatstadt vor einer Steinwolke rettet. Hoch auf dem Flussufer sitzend, betet er auch für unbekannte Seefahrer. Von weitem scheint es, dass das vom Heiligen stammende Licht die Finsternis zerstreut. In der Natur, in der Ruhe der Gewässer, im friedlichen Lauf der Wolken, im Rauschen der Wälder und Felder erkennt der Maler besonders deutlich den Höheren Willen, der alle Bewegungen des weltlichen Königreichs leitet.
Mit diesem Licht sind zwei wunderbare Gemälde aus dem Jahr 1914 erfüllt: „Prokopius der Gerechte betet für unbekannte Seefahrer“ und „Prokopius der Gerechte wendet die Steinwolke von der Stadt Weliki Ustjug ab“.
Der russische Schriftsteller Leonid Andrejew schreibt in einem Artikel: „Es ist unmöglich, Roerich nicht zu bewundern oder teilnahmslos an seinen Gemälden vorbeizugehen. […] Die Gemälde von Roerich sind voll seltsamen Zaubers. So grenzenlos der Farbenreichtum in seinen Gemälden ist, so grenzenlos ist auch seine Weitherzigkeit, die stets unerwartet ist und stets Augen und Seele erfreut.“
Prokopius der Gerechte stammt aus dem Geschlecht der Waräger. Noch in seiner Jugend teilte er seinen Reichtum mit den Armen, verließ sein Haus und ging zum Ehrwürdigen Varlaam ins Chutyn-Kloster in der Nähe von Nowgorod, um Gott zu dienen. Später geht er mit dem Segen des Abtes weiter in entlegene Gebiete und lässt sich in der Stadt Weliki Ustjug nieder. Dort nahm er die Glaubenstat eines Jurodivy (Narr in Christo) auf sich, indem er für das ganze Volk, das Gott vergaß, betete.
„Prokopius der Gerechte ist derjenige, der die Steinwolke von Weliki Ustjug abwendete. Er ist derjenige, der für die Unbekannten betete… Prokopius sagt:
– Entfernt euch der Erde nicht. Die Erde ist rot, durch Übel erhitzt. Die Hitze des Übels jedoch nährt die Wurzeln des Baums, auf dem das Gute sein gnädiges Netz errichtet. Nehmt die Arbeit auf Erden auf Euch. Steigt zum himmlischen Ozean auf, der für uns dunkel ist. Bewahrt den gnädigen Baum: In ihm lebt das Gute. Die Erde ist die Quelle des Kummers, aus ihm jedoch erwachsen die Freuden. Der Erhabene kennt die Zeit all eurer Freuden.
Entfernt euch der Erde nicht. Lasst uns kurz sitzen, denken wir an die in der Fremde Wandernden“. (N.Roerich. Shambhala. Der Traum)